Das Saufgelage
Karl-Heinz lässt die Sau raus. Morgen ist frei. Es kann losgehen. Jetzt sitzt er am Telefon und überlegt. ‘Mit wem?’ Und die viel brennende Frage ‘Was?’ Er geht die Namen in seinem Kopf durch. Zuviele. Zuviele aus der Vergangenheit. Zuviele die er nicht mehr anrufen kann, nicht mehr anrufen will.
Da, endlich kommt er im Hier und Heute an. Die neuen Kollegen, die werden wohl mitkommen. Immerhin ist schon sowas wie Zusammenhalt in der Firma vorhanden. Freundschaften noch nicht, Freunde hat Karl-Heinz nur wenige. Er wählt, Roland geht ran. Das Gespräch ist kurz und sachlich. Eine halbe Stunde später wollen sie sich treffen. Karl-Heinz muss sich beeilen, die Espressomaschine zum Wachwerden braucht ein bißchen.
Pünktlich, überpünktlich genau 5 Minuten zu früh ist er da. Zum Glück ist es nicht so kalt, er wartet draussen. Zehn Minuten später entscheidet er sich Roland anzurufen. Der sitzt schon drin und wartet, kommt sich langsam blöd vor mit seinem Bier.
Karl-Heinz geht rein und entschuldigt sich für sein zu spät kommen. So macht man das halt, wenn man nicht weiß wie der andere reagiert. Karl-Heinz kennt Roland sogut wie gar nicht, weiß nichts privates über ihn. Irgendwer in der Firma ließ mal nen Kommentar über ihn fallen. Karl-Heinz konnte damit nichts anfangen. Es war ihm auch egal.
Jetzt sassen sie hier. Roland schaute irgendwie komisch. Was war los? War er verärgert über sein verspätetes Erscheinen? Er hatte sich entschuldigt, dass konnte es also nicht sein. Er holte sich was zu Trinken setzte sich zum ihm und fragte einfach.
Roland studiert noch, er jobbt nur nebenbei in der Firma. Was er genau da macht weiß eigentlich niemand. Irgendwas hat er mit dem Chef zu tun. Es fragt auch keiner. Wie immer. Das einzige was aus ihm in der Firma rauszubekommen war, war das er Physik studiert. Mehr ist nicht drin. Das soll nicht heissen, dass er nichts sagt, er redet sehr viel. Nur persönlich wird er nicht. Redet sehr viel belangloses Zeug und wirkt dadurch immer ein klein wenig mysteriös. Karl-Heinz hat ja auch nicht grundlos in dieser Firma angefangen.
Nach dem dritten Bier taut Roland langsam auf. Erzählt ein wenig über sich. Bleibt aber immer wieder nachdenklich hängen und schaut sich um. Plötzlich atmet er tief durch und erzählt von Helge, ein alter Mitbewohner von ihm. Der wollte Kinderarzt werden und Roland war sich noch nicht so sicher. Als Roland sich für Physik entschied zog Helge aus.
Am nächsten Morgen wacht Karl-Heinz verschwitzt zuhause auf. Er liegt auf auf der Couch. Irgendwann gestern abend hat er den Faden verloren. Das letzte an was er sich erinnert war dieser Blick in Rolands Augen, als er von Helge erzählte. Ihm lief es in dem Moment kalt den Rücken runter und er wünschte sich er könne zurück. Zurück in sein altes Leben, aber das gab es nicht mehr. Würde es nie wieder geben.
- Sven Müller am 17. Januar 2006, 01:09
WTF?